Tag 6: Exkursion auf dem Meer
Unsere Morgenroutine solltet ihr alle nun langsam kennen. Erneut gab es Porridge mit etwas Obst und Crunch. Dazu natürlich eine heiße Tasse Kaffee. Das Wetter überzeugte heute nicht wirklich, da uns draußen neblige Wolken und leichter Nieselregen erwarteten. Dennoch hatten wir einiges für den Tag geplant und verließen gegen halb 10 die Unterkunft. Zunächst mussten wir zurück zur Ringstraße fahren und setzen damit unsere Fahrt Richtung Westen fort. Schon nach wenigen Kilometern unterbrachen wir sie beim Wasserfall Goðafoss, der nur wenige hundert Meter neben der Straße auf einer Breite von 158 m etwa 11 Meter in einem weiten Bogen in die Tiefe stürzte. Der Sage nach wurden die heidnischen Götter vom christlichen Goden an dieser Stelle in den Fluss Skjálfandafljót geworfen. Daher entstand der Name “Götterwasserfall”. Trotz des schlechten Wetters bot besonders der weite Bogen des Wasserfalls den Besuchern ein tolles Panorama für erinnerungswürdige Fotoaufnahmen.




Anschließend ging es direkt weiter auf der Route 1, wieder Richtung Westen, weitere 60km bis Akureyri. Kurz vor der Stadt gibt es einen neu gebauten Straßentunnel, um die kurvige Fahrt durch die Berge zu vermeiden. Da es nur 10 Minuten Zeitersparnis versprach, sparten wir uns die Mautgebühr von umgerechnet 15€ und fuhren über die ältere Bergstraße. Erneut ging es bergauf und es dauerte nur wenige Kilometer, bis die Straße wieder in die Wolken führte und sich unsere Sichtweite auf unter 100 Meter verringerte. Mit angepasster Geschwindigkeit fuhren wir weiter, bis sich die Wolken verzogen und wir den Fjord Eyjafjörður erblickten. Kurz vor der Stadt Akureyri gelangten wir zurück auf die Route 1, die an dieser Stelle auch aus dem Tunnel trat. Die Ringstraße führt direkt durch den Ort. Akureyri ist die größte Stadt im Norden Islands und liegt am südlichen Ende des Eyjafjörður-Fjords. Wir passierten die Stadt und staunten nicht schlecht, als wir hier zum ersten Mal auf Island vor einer roten Ampel standen. Die Isländer hatten dabei eine tolle Idee, um das Rot etwas freundlicher wirken zu lassen. Das rote Licht der Ampel besitzt eine Herzform! Nördlich von Akureyri verließen wir fürs Erste die Route 1, um entlang des Fjords Richtung Norden zu fahren. Unser nächstes Tagesziel sollte die kleine Hafenstadt Dalvik sein. Wir wollten mit den Arctic Sea Tours auf Whale Watching gehen.



Da heute, vermutlich bedingt durch die wenigen Anmeldungen, nur die Schnellboottour zur angeboten wurde, haben wir uns kurzerhand für diese Variante entschieden. Der Anbieter hat uns diese netterweise für den gleichen, niedrigeren Preis der Standard-Tour angeboten. Wir warteten noch wenige Minuten auf die anderen Mitfahrenden und wurden dann alle mit stylischen Anzügen ausgestattet, damit wir auf dem Schnellboot halbwegs trocken und warm bleiben würden. Zumindest sahen wir hochseefest aus mit der nun getragenen Ausrüstung. Gemeinsam liefen wir damit die 200 Meter zum Boot und „setzten“ uns dann auf die Stehsitze in der letzten Reihe. Nachdem wir ruhig aus dem Hafenbecken geglitten waren, ging es los mit dem zweimotorigen Boot mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 50 km/h über die heute doch raue See. Die Fahrt ging hoch und runter, über und mit den Wellen und wir wurden teils wild durchgeschüttelt. Zum Glück saßen wir sicher und konnten uns auch an den Sitzen vor uns gut festhalten. Wir fuhren ca. 30 Minuten in den Fjord hinein, da hier heute Morgen bereits ein Buckelwal gesichtet wurde. Da dieser nur alle 6-9 Minuten auftaucht um 3 bis 4-mal Luft zu holen, ist es bei dem Wellengang gar nicht so einfach diesen auszumachen. Man sieht lediglich die kleinen Wasserfontänen beim ausatmen und muss dann schnell zum Wal fahren. Nach weiteren 30 Minuten in denen wir an der Stelle auf und ab fuhren, erblickte die Frau links vor uns hinter dem Boot eine solche Fontäne.
Es war endlich geglückt!!!


Nachdem wir 2014 in den USA kein Glück hatten, konnten wir nun endlich unseren ersten Wal in freier Wildbahn erblicken. Ein kleiner Buckelwal schwamm im Fjord seine Runden und wir konnten gefühlt nah an den Wal heranfahren und auch die markante Schwanzflosse beim Abtauchen beobachten. Wir verweilten auch hier weitere 30 Minuten und warteten immer wieder auf das Auftauchen bis unsere Tour-Begleiterin vor uns trat und uns mitteilte, dass südlich unseres Punktes ein Blauwal gesichtet wurde. Sie nannte es eine „once-in-a-lifetime-opportunity“ (eine einmalige Gelegenheit), da dies nur bei ca. 1% aller Touren überhaupt vorkommt, und auch im Fjord seit über einem Jahr kein Blauwal mehr gesichtet wurde. Das Boot war sich einstimmig sicher, wir fahren die 15 Minuten dorthin und versuchen unser Glück. Dort angekommen, kam uns auch ein weiteres Walbeobachtungsschiff entgegen, das vermutlich das gleiche Ziel hatten. Und kurz darauf konnten wir den Blauwal tatsächlich erblicken. Das größte Säugetier der Welt war auf einmal nur ca. 30 m von uns entfernt im Wasser, tauchte kurz auf und dann wieder für wenige Minuten ab. Da der Wal hier nur entlangschwamm und nicht weit untertauchte, kam er alle 3-4 Minuten wieder an die Oberfläche und wir konnten ihn wieder beobachten. So verfolgten wir das Tier für 20 Minuten und blickten alle gespannt aufs Wasser. Es war ein bemerkenswertes und vor allem einzigartiges Erlebnis! Gleichzeitig nahm der Regen stetig zu und auch die Zeit lief uns langsam davon. Also „verabschiedeten“ wir uns vom Wal und unser Skipper lenkte das Schnellboot zurück Richtung Dalvik. Bei der hohen Geschwindigkeit trafen uns die Regentropfen wie Nadelstiche im Gesicht und wir vergruben uns immer weiter in unserer Schutzkleidung. So ging es eine kleine gefühlte Ewigkeit zurück zum Heimathafen, wo wir uns dann auch mit einem heißen Kaffee aufwärmen durften.



Nach diesem tollen Erlebnis verabschiedeten wir uns auch von den Tour-Guides und suchten im Ort nach einer Einkaufsmöglichkeit. Typischerweise haben diese kleinen Orte irgendeinen Supermarkt, mit mehr oder wenige großem Angebot. In Dalvik war es eine Filiale der Kette Kjörbúðin. Diese hatte ein reichhaltiges Angebot und zu unserer Überraschung sogar geräuchertes Walfleisch. Das wollten wir definitiv probieren. Für 110g bezahlten wir etwas 8,50€. Geschmacklich ist Walfleisch interessant, da es optisch mit seiner Konsistenz an Wild erinnert und dann in einem fischigen Abgang nachschmeckt. Frisch gestärkt, traten wir die letzte lange Etappe für den heutigen Fahrtag an. Wir mussten noch mehr als 100 Kilometer bis zu unserer Unterkunft zurücklegen und wollten auf dem Weg noch etwas Richtiges essen. Von Dalvik fuhren wir die 34 km zurück bis zu Ringstraße und dann bei nebeligem Regenwetter weiter Richtung Westen bis nach Varmahlíð. Diese kleine Siedlung bietet eine Kombination aus Tankstelle, Supermarkt und Bistro an. Dort konnten wir ähnlich einem McDonald’s Burger und Fritten bestellen. Von dort waren es nur noch wenige Kilometer bis zum Karuna Guesthouse, unserer heutigen Unterkunft.


