Tag 6: Durch 1.000 Kurven über die Sierra Nevada
Unser heutiges Tagesziel war relativ einfach. Wir wollten zur westliche Seite der Sierra Nevada, dem Gebirgszug der sich von Nord nach Süd durch Kalifornien zieht. Nach dem Frühstück, beim Packen des Autos, gab es bereits die erste Überraschung. Beim Blick in den Kühlschrank fiel auf, dass das Eis des Tiefkühlfaches sich gelöst und großteils geschmolzen als Wasser auf und im Karton mit der restlichen Pizza verteilt hatte. Wir nutzen die Handtücher des Motels, um zumindest einen Teil des Wassers aufzusaugen und warfen den klatschnassen Karton samt Inhalt leicht traurig in den Müll.
Zum Beginn der heutigen Fahrt folgten wir dem Highway Richtung Westen und stellten dabei fest, dass wir hier am Walker Pass den Pacific Crest Trail kreuzten. Dies ist einer der berühmtesten Wanderwege der USA, der sich an der Westküste von Südkalifornien bis fast zur kanadischen Grenze erstreckt. Damit wir auch mitreden können, liefen wir nun einige hundert Meter auf diesem Wanderweg und begegneten sogar drei Wanderern die diesen Weg wirklich gerade laufen.
Einige Meilen später beim Ort Weldon besuchten wir das Kern River Preserve, ein kleines Areal in dem Naturschutz und Renaturierung betrieben wird. Hier fühlten wir uns zurück in Europa, da dieser Auwald typische Mischbäume, gefallenes Laub und eine Vielzahl an Vögeln beherbergte. Im Laub hörten wir ständig das Rascheln von Mäusen sowie kleinen Eidechsen und konnten sogar zwei große Eulen in den Bäumen beobachten. Leider waren wir im trockenen Laub zu laut, um in vernünftiger Entfernung ein Foto von diesen stolzen Vögeln zu machen. Die kleine Wanderung um die Anlage war nur ca. 1,5 km lang und somit waren wir schon nach 30 Minuten wieder am Auto angekommen.
Zurück auf dem Highway erreichten wir kurze Zeit später den Lake Isabella, ein großer See, der ausgiebig für Wassersport genutzt wird. An seinen Ufern waren immer wieder kleine Anleger mit Motorbooten oder Jet-Ski. Im gleichnamigen Ort tankten wir noch einmal nach, da nun die Fahrt über die Berge der Sierra Nevada begann. Kurz hinter Lake Isabella fuhren wir entlang des Kern River in leichten Serpentinen bergan und kletterten nach und nach auf über 2.000m Höhe. Die Straße wurde dabei immer schmaler und forderte unsere ganze Konzentration. Als typische Passstraße ging es auf einer Seite stets steil bergab und auf der anderen genauso steil bergan.
Auf der Passhöhe angekommen wurde unsere Fahrt entspannter und lies uns die herrlichen Aussichten auf die umliegenden Bergwipfel genießen. Dieser Bereich der Sierra Nevada gehört bereits zum Sequoia National Forest, aber nicht zum Nationalpark. Demnach wachsen auch hier schon vereinzelt die riesigen Sequoia Nadelbäume. Besonders prächtige Exemplare sind am Trail of 100 Giants (Wanderweg der 100 Riesen) zu bewundern, den wir schließlich anfuhren. Hier waren wir zunächst von den vielen Autos und Besuchern überrascht, die wir aufgrund der sehr leeren Straßen nicht erwartet hatten. Der Rundwanderweg führt zwischen beeindruckenden Riesenmammutbäumen hindurch und zeigt auch einige umgestürzte Exemplare. Hier wurde uns erst einmal wieder bewusst, wie klein ein Mensch im Vergleich zu diesen Giganten doch ist. Nach 45 Minuten hatten wir die Runde beendet und konnten unsere Fahrt über die Sierra Nevada fortsetzen.
Nun ging es hauptsächlich bergab, erneut mit vielen engen Kurven. Vorbei an Ponderosa (nicht die Ranch) und Camp Nelson ging es langsam zurück ins Tal. Hier bot sich eine ähnliche Umgebung wie auf der Ostseite der Berge, mit vielen Felsen und einem kleinen Gebirgsfluss. Nach vielen weiteren Serpentinen erreichten wir die Ebene westlich der Sierra Nevada, das San Joaquin Valley. Diese Region in Kalifornien ist weltbekannt für den Obstanbau. Wir konnten dies selbst erleben, als wir kilometerlange Zitronenbaum-Plantagen durchfuhren. Das heutige Tagesendziel war Visalia. Nach dem Einchecken im Motel genehmigten wir uns noch das typisch amerikanische Abendessen in einem Diner, das den Stil Mitte des letzten Jahrhunderts sehr gut widerspiegelte.