Tag 4: Geister und andere unerwartete Begegnungen
Nach dem typischen morgendlichen Ritual starteten wir die Fahrt zurück Richtung Kalifornien zur Westküste. Das Frühstück im Quality Inn konnte sich wirklich sehen lassen. Es gab sogar Rührei und Speck, Joghurt und Bagels. Zunächst fuhren wir entlang der US60 bis Wickenburg und bogen dort auf eine kleine Seitenstraße Richtung Süden ab. Im Vorfeld hatten wir gelesen, dass es dort eine restaurierte Goldminenstadt geben soll. Nach wenigen Meilen Fahrt durch eine Region mit unglaublich vielen Saguaro-Kakteen tauchte Vulture City in den Hügeln rechts der Straße auf.
Aufgrund der fehlenden Autos auf dem Parkplatz zunächst etwas skeptisch stiegen wir aus und wurden sogleich von einer Mitarbeiterin angesprochen, die sich wenig später als die Besitzerin der Anlage herausstellte. Sie berichtete sehr ausschweifend über die Restaurierung der Gebäude in den letzten zwei Jahren. Nahezu alle Gebäude wurden umgesetzt und mitunter von Grund auf neu aufgebaut, da die Originalgebäude bereits zusammengefallen waren. Außerdem erwähnte sie die hohe Geisteraktivität in den alten Gebäuden, die auch bereits von mehreren berühmten Geisterjägern nachgewiesen wurde. Wir sollten während unseres Rundgangs auf Flüstern, Schrittgeräusche und Schlüsselklappern lauschen. Mit wenigen Instruktionen und einer einfachen Karte der Anlage machten wir uns auf den Weg. Unter den begehbaren Gebäuden waren die Schmiede, das Bordell, das Goldlagerhaus, der Doktor und die Kantine. Daneben gab es auch viele alte Bergbaumaschinen wie Pumpen, Kompressoren und Seilwinden, sowie einige alte Autowracks, zu besichtigen. Von den erwähnten Geistern wurden wir glücklicherweise verschont. Im Gespräch mit einer Frau, die gerade die Bar der Kantine lackierte, wurde allerdings klar, dass nicht jeder gleichermaßen an Geistergeschichten glaubte.
Nach etwa 1,5 Stunden hatten wir jedes Gebäude der alten Goldminenstadt gesehen und fuhren zurück zum Highway und von dort weiter Richtung Westen. Nun folgten fast 100 Meilen karge Steppenlandschaft bis Parker an der Grenze nach Kalifornien. Außer einigen Landwirtschaftsbetrieben und kleineren Siedlungen gab es entlang der Route 60 und den folgenden Fernstraßen nichts Sehenswertes. In Parker machten wir einen kurzen Stop am Walmart für einen Fahrerwechsel. Dann ging es direkt weiter am Colorado entlang bis zum Parker-Dam. Der Colorado bildet in diesem Bereich die Staatsgrenze zwischen Kalifornien und Arizona. Im Vergleich mit den anderen großen Staudämmen am Colorado, wie Hoover-Dam und Glen-Canyon-Dam, ist der Parker-Dam eher ein Winzling mit moderater Dammhöhe und geringem Touristenaufkommen. Nichtsdestotrotz hatten wir hier einen herrlichen Blick auf den Fluss und die angrenzenden Berge. Zu unserer Überraschung konnten wir sogar einige Wildschafe oberhalb des Flusses entdecken.
Unsere Fahrt ging weiter Richtung Norden bis nach Lake Havasu City. Lake Havasu ist der Name des Stausees hinter dem Parker Dam. Der Ort selbst ist ein touristisches Zentrum mit vielen Hotels und Wassersportangeboten entlang des Seeufers. Das eigentliche Highlight bildet die London Bridge, die hier das Seeufer mit einer vorgelagerten Insel verbindet. In den Jahren 1968 bis 1971 wurde die Originalbrücke in Einzelteilen von London nach Lake Havasu transportiert und hier wieder aufgebaut. Mittlerweile hat sich die Brücke zur zweitbekanntesten Touristenattraktion in Arizona gemausert, nach dem Grand Canyon natürlich. Überrascht über ein kleines Stückchen Europe mitten in der Wüste Arizonas kamen wir mit einer Mitarbeiterin im Visitor Center ins Gespräch, die sich als deutsche Auswanderin herausstellten. Rosa ist bereits vor 60 Jahren nach Kanada und später in die USA ausgewandert und arbeitet freiwillig für das Visitor Center an der London Bridge. Die 80-jährige Dame wusste einige gute Geschichten über die Vor- und Nachteile Amerikas zu erzählen.
Nach halbstündiger Unterhaltung verabschiedeten wir uns und traten unsere letzte Fahrt des Tages nach Needles an. Zwischendurch überquerten wir den Colorado und damit die Grenze nach Kalifornien. Etwas überrascht gab es kurz hinter der Grenze erneut eine Kontrollstation. Damit hatten wir so weit entfernt von der Landesgrenze nicht mehr gerechnet. Als der Kontrolleur merkte, dass wir deutsche Touristen sind, wünschte er noch einen guten Tag und lies uns direkt weiterfahren. Vermutlich suchten sie hier nicht nach Drogen, sondern nach illegal mitgeführten aquatischen Lebewesen. Wenige Meilen hinter der Station fuhren wir in Needles von der Interstate und kamen direkt an unserem Motel an. Nur noch ein kurzes Abendessen im Jack in the Box. Dort erfuhren wir, dass heute ein Highschool-Footballspiel im Ort ausgetragen wurde. Da das Schul-Stadion nur wenige hundert Meter entfernt lag, sahen wir uns den Anstoß an, bevor wir den Tag im Motel beendeten.